Nach der plötzlichen Aufhebung zweier Konzeptverfahren durch die BIM herrscht unter den Teilnehmer*innen und zahlreichen Akteur*innen des gemeinwohlorientierten Planens und Bauens in Berlin nicht nur Verwunderung und Verärgerung – es gibt auch dringenden Gesprächsbedarf. Für Dienstag, den 07. September ist eine außerordentliche Sitzung des Steuerungsausschusses Konzeptverfahren anberaumt worden, an der unter anderen die urban coop berlin eG teilnehmen wird.
Während wir an dieser Stelle momentan in regelmäßigen Abständen kritisch Bilanz zur Genossenschaftsförderung durch die aktuelle Berliner Regierungskoalition ziehen, bleibt die Zeit nicht stehen. Ganz im Gegenteil: Gerade kommt bemerkenswerter Schwung in die Debatte um die zahlreichen Schwierigkeiten bei Konzeptverfahren durch die öffentliche Hand und deren nach wie vor brachliegende Potenziale.
Daran ist die BIM (Berliner Immobilienmanagement GmbH), die im Auftrag des Landes Berlin Konzeptverfahren organisiert und durchführt, unmittelbar beteiligt. In den letzten Wochen hat sie zwei Konzeptverfahren (eines in der Ackerstraße in Mitte, ein anderes in der Ludwig-Renn-Straße in Marzahn) nach Sichtung der eingegangenen Angebote aufgehoben und für beendet erklärt, ohne eine Wettbewerbssiegerin zu benennen und damit die Realisierung eines Angebotes in die Wege zu leiten. Das ist schon deswegen ärgerlich, weil damit deutlich wird, an welch dünnem Faden die unbezahlte Arbeit gemeinwohlorientierter Projektinitiativen in Bieterverfahren ohne jegliche Aufwandsentschädigung hängt, und weil zur Durchführung dieser beiden Verfahren ergebnislos Steuermittel im Millionenhöhe aufgewendet wurden. Vor allem aber erstaunt die lapidare Begründung, mit der die Verfahren in der Ackerstraße und der Ludwig-Renn-Straße eingstellt wurden. Es sei, so die BIM “kein Teilnahmeantrag oder Angebot eingegangen (…), welches den Ausschreibungsbedingungen entspricht.”
Angesichts der Tatsache, dass sich an den Verfahren dutzende Büros und Bietergemeinschaften beteiligt haben, die zum Teil über jahrzehntelange Erfahrung im gemeinschaftlichen Planen und Bauen und in kooperativen Stadtentwicklungsverfahren mit sich bringen, ist diese Aussage sehr irritierend. Sie stößt im Feld der Wettbewerbsteilnehmer*innen auf entschiedenen Widerspruch und hat – zumindest im Falle des prominenten Baugrundstücks in der Ackerstraße – für größere mediale Aufmerksamkeit gesorgt. So berichtete die Berliner Zeitung in der Wochenendausgabe vom 14./15. August 2021 prominent über die fragwürdige Entscheidung zur Einstellung des Konzeptverfahrens für die Ackerstraße 28 und ließ verschiedene Akteur*innen zu Wort kommen, die für eine der letzten landeseigenen Liegenschaften in einem heute hypergentrifizierten Stadtteil Konzepte erarbeitet haben. Kritisiert werden dabei unter anderem die Intransparenz des Verfahrens und verschiedene kaum stichhaltige Argumente zur abschlägigen Beurteilung architektonisch-städtebaulicher Konzepte durch ein Gremium, in dem unabhängige Fachpreisrichterinnen aus den Planungsdisziplinen leider fehlen.
Aber auch andere Akteur*innen, die über ihre langjährige Mitwirkung am Runden Tisch zur Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik und dessen AG Konzeptverfahren bereit gut miteinander vernetzt sind, sind nicht bereit, die Entscheidung der BIM so hinzunehmen. Vielmehr nehmen sie sie zum Anlass, um ihre Forderung zu erneuern, endlich ein Berliner Modell für Konzeptverfahren verbindlich zu etablieren, dessen Kriterien bereits Anfang 2019 in einer kollaborativen Werkstatt unter Beteiligung von Senatsverwaltungen und BIM erarbeitet worden sind. Ein solches Modell ist in seinen wesentlichen Aspekten leider bis heute nicht umgesetzt worden, die vorhandenen Konzeptverfahren bleiben Stückwerk und sind bislang kein strategisches Instrument. Die außerordentliche Sitzung des Steuerungsausschusses Konzeptverfahren, die die BIM angesichts der Kritik an den aufgehobenen Verfahren für Dienstag, den 07. September anberaumt hat, bietet die Chance, an die Notwendigkeit dieses Modells zu erinnern.
Folgende Personen haben deshalb einen Forderungskatalog formuliert und unterzeichnet, der heute vormittag in einem Pressegespräch vorgestellt wurde und als Tischvorlage in die morgige außerordentliche Sitzung eingebracht werden soll: Andreas Foidl (Initiative Stadt Neudenken, Belius GmbH), Dr. Martin Schwegmann (AG Konzeptverfahren des Runden Tisches Liegenschaftspolitik), Robert Ostmann (Bündnis Junge Genossenschaften, urban coop berlin eG), Frieder Rock (Bündnis Junge Genossenschaften, Eine für Alle eG), Julian Meisen (Common Agency), Florian Köhl und Christian Burkhard (fatkoehl architects & Quest). Sobald es uns möglich ist, werden wir über eventuelle Ergebnisse dieser Sitzung berichten. Einen Überblick zu den Forderungen nach einem Berliner Modell für Konzeptverfahren und seine Rahmenbedingungen findest Du in dieser Dokumentation der Werkstatt Konzeptverfahren vom 14. Januar 2019.