urban coop berlin hat sich mit 19 anderen kleinen Genossenschaften zusammengetan und einen offenen Brief an den Berliner Senat gesendet. Darin fordern wir Unterstützung, um gemeinsam bezahlbare, durchmischte und nachhaltige Wohnungen und neue lebenswerte Nachbarschaften enstehen zu lassen.
Hier gibt’s den offenen Brief zum Download: Appell junger Genossenschaften an die Berliner Landesregierung
Der gesamte Appell im Wortlaut:
Berlin braucht dringend Wohnungen. Regionale und auch überregionale Zeitungen berichten beinahe täglich, dass der Mangel an Wohnraum inzwischen auch dem Mittelstand ernste Probleme bereitet, während Menschen mit geringem Einkommen schon seit Jahren so gut wie keine Angebote mehr finden, Studierende und Gastwissenschaftler ebenfalls nicht.
Die Berliner Landespolitik tut unseres Erachtens entschieden zu wenig, um dieses Problem zu lösen: Der Runde Tisch zur Neuen Liegenschaftspolitik im Berliner Abgeordnetenhaus bietet zwar eine Plattform für den gegenseitigen Austausch von Meinungen, Stimmungen und Erwartungen – ein Bündnis für Wohnen und Konzeptverfahren kommt indes nicht voran. Der Regierende Bürgermeister von Berlin hat nach unseren Beobachtungen den Wohnungsmarkt als soziale Frage und für die Entwicklung der Stadt enorm wichtigen Faktor nicht verstanden.
Andere, ebenfalls wachsende Städte wie beispielsweise München und Hamburg oder auch die österreichische Hauptstadt Wien sind in dieser Hinsicht bereits seit Jahren aktiver und kreativer und beziehen in ihre Überlegungen und Strategien insbesondere die Wohnungsbaugenossenschaften ein. Diese haben in ihrer über hundertjährigen Geschichte einen wertvollen Schatz an Erfahrung in der Quartiersentwicklung aufgebaut.
In der Weimarer Republik wurde ein auch für heutige Maßstäbe enormes soziales Wohnungsbauprogramm mit einer weltweit beachteten Qualität realisiert. Die damals entstandenen Wohnsiedlungen, Parks, Kindergärten, Schulen und die seinerzeit geschaffene soziale Infrastruktur haben gezeigt, dass auch unter wesentlich schwierigeren Bedingungen eine Weiterentwicklung der Stadt gelingen kann und erschwinglicher Wohnraum geschaffen werden kann. Die Siedlungen gehören heute nicht nur in Teilen zum Weltkulturerbe, sondern sind bei ihren Bewohnern seit Jahrzehnten beliebt. Dies gilt auch für die genossenschaftlichen Wohnprojekte. Stabile Quartiere, eine sichere Wohnungsversorgung ohne Angst vor Eigenbedarfskündigung, angemessene Mieten und unendlich viele attraktive generationenübergreifende Angebote bieten die Genossenschaften von Anbeginn.
20 junge Berliner Wohnungsbaugenossenschaften haben sich nun zu einem Bündnis zusammengeschlossen und fordern den Berliner Senat auf, der Vergabe von Wohnbaugrundstücken den politischen Weg zu ebnen und Genossenschaften bei der Wohnraumförderung angemessen zu berücksichtigen.
Das Bündnis ist offen und lädt alle Berliner Genossenschaften ein, an der Initiative mitzuwirken.
Im Einzelnen fordern wir:
– Beteiligung der Genossenschaften an der Ausgestaltung der Wohnungspolitik und der Förderinstrumente zur Berücksichtigung der genossenschaftlichen Belange.
– Gleichberechtigte Vergabe von Baugrundstücken zum Festpreis nach dem
Münchner Modell: Qualitäts- statt Preiswettbewerb. Schlanke Konzeptverfahren mit hohem Stellenwert auf sozialen, gemeinschaftlichen und integrativen Aspekten bei nur äußerst geringer Betrachtung des Preises.
– Eigenkapitalersatzmittel für Mitgliedshaushalte mit geringen Einkommen.
– Unterstützung von jungen Genossenschaften durch Nachrangdarlehen (Beispiel München) und/oder Zuschüsse, die sich umgehend positiv auf die Kostenmiete auswirken.
– Sicherung von geförderten Wohnungen durch Kooperationsverträge mit mittelbaren Belegungsbindungen im Bestand.
– Unterstützung bei der Umsetzung von Quartierskonzepten der Energieversorgung und von dezentralen Energieprojekten (hocheffiziente KWK, PV etc.).
– Berücksichtigung von Kooperationsvorhaben mehrerer Genossenschaften bei Konzeptverfahren und Förderrichtlinien (Schaffung von Genossenschaftsquartieren).
– Förderung von Kooperationsprojekten mit sozialen Trägern zur Inklusion von Menschen, die auf besondere Wohnformen und Unterstützung angewiesen sind.
– Einsatz für gemischte Quartiere unter Beteiligung von Genossenschaften, insbesondere für die Integration von studentischem Wohnen, Künstlerateliers und Kleingewerbe.
Gehen Sie mit uns ein Bündnis für Berlin ein und beteiligen Sie uns an den Grundstücksvergaben! Der genossenschaftliche Wohnungsbau der letzten einhundertdreißig Jahre hat einen wichtigen Beitrag für den sozialen Frieden in Berlin geleistet. Auch heute könnten wir Genossenschaften ganze Quartiere entwickeln – einen bunten, durchmischten und lebenswerten Stadtraum. Es gibt hierfür aktuelle Beispiele in München, Zürich, Hamburg. Wir in Berlin können das auch!